Zeitzeuginnenveranstaltung mit Giacomina Castagnetti
Videodokumentation der Veranstaltung
Die Veranstaltung fand statt in Berlin am 5. April und in Hamburg am 7. April 2016
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Videodokumentation der Veranstaltung
Die Veranstaltung fand statt in Berlin am 5. April und in Hamburg am 7. April 2016
Die Einschusslöcher in der Via Rasella
Der Begriff „offene Stadt“ stammt aus dem modernen Kriegsrecht und bezeichnet eine entmilitarisierte Zone. Der Status sollte die Unversehrtheit von Zivilbevölkerung und wertvollen Kulturgütern gewährleisten und verbot den militärischen Durchgangsverkehr.
Piero Terracina beim Zeitzeugengespräch 2006 im Museum „Via Tasso“
Piero Terracina (Jg. 1928) wuchs im faschistischen Italien auf. Er hatte, wie er selbst berichtet, eine glückliche Kindheit. Für ihn als jüdisches Kind verschlechterte sich die Situation erst in den späten 1930er Jahren, als antisemitische Ressentiments in der italienischen Bevölkerung gesellschaftsfähig wurden.
„Ich war ein ganz normales Mädchen, nicht mehr und nicht weniger“
Lia Finzi (Jg. 1928) ist stellvertretende Präsidentin des Instituts für Widerstand und Zeitgeschichte in Venedig (IVESER).
Sie hat die Shoa im Exil überlebt.
Als mit der deutschen Besetzung Venedigs im September 1943 die Deportation jüdischer ItalienerInnen in die Vernichtungslager begann, musste auch sie ihre Geburtsstadt verlassen. Sie flüchtete mit ihrem Vater und ihrer Schwester in die Schweiz, was etwa 5.500 italienischen Juden gelang.
Rosario Bentivegna kam in dem Jahr auf die Welt, als der Faschismus an die Macht kam. Seine Kindheit und Jugend in Rom war sowohl von faschistischer Propaganda als auch von kirchlicher Indoktrination geprägt. Von starker Neugier getrieben, las er als Jugendlicher philosophische Werke, wodurch sein bürgerliches Weltbild ins Wanken geriet. Der Auslöser für seine Politisierung und antifaschistische Arbeit waren die Rassengesetze von 1938. Bentivegna war damals 16 Jahre alt.
Giovanna Quadreri (Jg. 1928) 1945 und 2006, Reggio Emilia
Giovanna Quadreri war 16 Jahre alt, als sie sich im September 1944 der Partisaneneinheit „Gufo Nero“ (schwarze Eule) im Apennin anschloss.
Als Ortskundige bekam sie die Aufgabe, junge Männer, die sich nicht der faschistischen Armee anschließen wollten, sicher in die Berge zu den Partisanen zu bringen. Dabei legte sie bis zu 80 km am Tag zu Fuß zurück. Sie war auch im Einsatz, um Anschläge vorzubereiten und Informationen zu überbringen. Eine ihrer wichtigsten Aktionen war die Beteiligung an dem Angriff auf Albinea, der Nachrichtenzentrale für die gesamte deutsche Armee in Norditalien.
Laura „Mirka“ Polizzi in den 1950er Jahren auf einer Wahlveranstaltung
Laura „Mirka“ Polizzi kämpfte in der Resistenza, dann arbeitete sie als Funktionärin der Kommunistischen Partei (PCI). Der PCI hatte den höchsten Frauenanteil unter den Parteien, auch innerhalb der Führungspositionen. Dennoch hielt er am traditionellen Frauenbild und bürgerlichen Geschlechterverhältnis fest. Im Partisanenverband ANPI war Polizzi Vorsitzende der Frauensektion und Teil des Vorstands auf nationaler Ebene.
Am 22. Januar 2011 ist Laura Polizzi mit 86 Jahren in ihrer Wohnung in Parma gestorben. „Forza, non è finita“ – „Vorwärts, es ist nicht vorbei!“, hieß es bei ihrer Beerdigung.
28. Juli 1943: Trotz eines Versammlungsverbotes der Übergangsregierung Bardoglio gehen tausende Beschäftigte der „Reggiane“, einer Rüstungsfabrik für Kampfflugzeuge in Reggio Emilia, für ein Ende des Krieges auf die Straße. Als sie die Werkstore passieren, werden acht Arbeiter und eine Arbeiterin erschossen.
Fernando Cavazzini kann sich noch gut an das „Massaker der Reggiane“ erinnern. „Von diesem Tag an wurde ich ein anderer Mensch.“ Er wollte nicht mehr weiterarbeiten, als ob nichts gewesen sei, und nahm Kontakt zu den örtlichen Antifaschisten auf. Er half Soldaten bei der Flucht, ging später in die Berge und schloss sich als Partisan „Toni“ der 26° Brigade Garibaldi „Enzo Bagnoli“ an.
CasaPound-Parteizentrale in Rom
In Deutschland relativ unbeachtet hat es in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Veränderung am rechten Rand der italienischen Politik gegeben. Die Rede ist von der faschistischen Bewegung »CasaPound Italia«, deren Mitglieder sich stolz »i fascisti del terzo millennio « (Faschisten des dritten Jahrtausends) nennen. Gegründet 2003, schaffte es CasaPound, sich von Rom aus über ganz Italien zu verbreiten. Bis zum Jahr 2012 verstand sich CasaPound allein als Bewegung. Seit 2013 nimmt sie auch an Wahlen teil. Mit ihren angeblich 4000 Mitgliedern ist CasaPound verglichen mit den traditionellen rechten Parteien relativ klein, gilt aber öffentlich als nicht korrumpiert und verfügt über ein unverbrauchtes und modernes Image.
Am 18. November 2008 trafen sich Kanzlerin Angela Merkel und Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi in Triest. Die beiden Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Franco Frattini nahmen ebenfalls an dem Treffen teil. Hauptthema des Gipfels war eine beabsichtigte Klage Deutschlands gegen Italien beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, weil die italienische Justiz die Immunität der BRD verletzt habe.
Die wichtigste Entscheidung des Gipfels in Triest war die Bildung einer mit italienischen und deutschen Forschern besetzten Historikerkommission mit dem Auftrag, eine gemeinsame Aufarbeitung der deutsch-italienischen Kriegsvergangenheit zu leisten. Im März 2009 nahm sie die Arbeit auf, und bald machte in den Medien das Wort von der Alibifunktion, die die Historiker zu erfüllen hätten, die Runde.