Frauen im italienischen Widerstand

Absage an das faschistische Modell

Bis vor kurzem hat man nur von einem „Beitrag“ der italienischen Frauen zum Widerstandskampf gesprochen. Die historische Frauenforschung geht heute davon aus, dass ohne die aktive Teilnahme der Frauen der Widerstand in Italien nicht möglich gewesen wäre.

Denkmal für die Frauen im Widerstand in Carrara  Partisaninnendenkmal in Venedig

Denkmal für die Frauen im Widerstand in Carrara (links) und Venedig

Die offizielle Zahl der Partisanen bezieht sich auf die Kämpfenden unter ihnen, und darunter sind die Frauen in der Minderheit. Dabei wird aber übersehen, dass die gesamte Versorgung der Kämpfenden in ihrer Verantwortung lag. Für die Versorgung einer Armee – vor allem einer Untergrundarmee – ist eine sehr hohe Zahl von Helferinnen und Helfern nötig, die die der Kämpfenden weit übersteigt. Sie ist auf 14 Personen pro Kämpfenden beziffert worden.
Dieses Argument ist heute sehr wichtig, weil man mit einer offiziellen Zahl von etwa 350.000 Partisanen der Widerstandsbewegung ihre Verankerung im Volk absprechen möchte. Gerade die sehr starke Beteiligung von Frauen belegt aber das Gegenteil.
Frauen hatten vielfältige Aufgaben: Sie verlangten einen hohen Grad an Flexibilität, Risikogespür und die Fähigkeit, eigenständig zu handeln, was keineswegs einem untergeordneten Rang entspricht. Dagegen war das Bewusstsein der Partisaninnen in Bezug auf das, was sie taten, sehr bescheiden, und sie empfanden es als eine bloße Erweiterung ihrer Fürsorgepflicht. Obwohl sie unter erheblichen Risiken arbeiteten, werteten sie ihre Aktion als „nichts Besonderes“, gerade weil viele ihrer Aktivitäten zur üblichen Tätigkeit von Frauen gehörten.

Welche Motive brachten Frauen dazu, sich im Widerstand zu engagieren?
Was ihnen nachgesagt wurde – familiäre Erziehung, Liebe zu einem Partisanen (Vater, Sohn, Bruder, Verlobten), Mütterlichkeit – stimmen oft nicht mit der Realität überein oder müssen in Beziehung zu den Motiven der Männer überprüft werden: Auch Männer wurden in oppositionellen Familien großgezogen, aber niemand hat ihnen dies als Zeichen unzureichenden Bewusstseins ihres Tuns angelastet.

Solche Erklärungen für das Engagement von Frauen in der Resistenza sind insofern interessant, als sie dem Wunsch entspringen, Frauen nicht als Subjekte der Geschichte, sondern als Personen zu sehen, die nach immer gleichen Mustern agieren – Mütterlichkeit, Fürsorge, Verantwortung für das Wohl der Familie, in diesem Fall der erweiterten Familie der Partisanen. Dass diese Sicht einem psychologischen Bedürfnis entspricht – mindestens das Verhalten der Frauen soll stabil sein, damit man darauf bauen kann -, erklärt, warum die Figur der Partisanin in der Nachkriegszeit so dargestellt wurde. Diese Rezeption ist besonders in der Literatur zu finden.

Aus den Aussagen der Frauen entsteht ein differenzierteres Bild der Partisaninnen. Sehr oft kommen sie aus angestautem Ärger über die Ungerechtigkeit des Regimes zum Widerstand. Vor allem soziale Unterschiede werden schon von kleinen Mädchen als schmerzhaft empfunden und nicht mehr vergessen. Aber auch die patriarchalen Gesetze des Faschismus, der Ausschluss der Frauen aus jeglicher politischer Verantwortung und ihre Unterordnung dem Mann gegenüber im Zivil- und Strafrecht sind Grund genug für ihre oppositionelle Haltung, die schon in den Vorkriegsjahren in Erscheinung tritt. Auffallend ist zum Beispiel, dass ein Geburtenrückgang trotz Propaganda des Regimes verstärkt zu bemerken ist. Ausgerechnet die Frauen, die vom Land in die Stadt ziehen, was die Regierung mit verschiedenen autoritären Maßnahmen zu verhindern sucht, beschleunigen diese Entwicklung. Sollte nicht die bäuerliche, kinderreiche „mamma“ als typisch italienisches Frauenbild wieder hergestellt werden?
Viele Frauen erteilten dem faschistischen Modell eine Absage, und die Teilnahme an der Resistenza ist ihre konsequente und logische Folgerung. Gegnerinnen des Regimes sind in jeder sozialen Schicht zu finden, sie stellen einen Querschnitt durch die gesamte italienische Bevölkerung dar. Alle Berufsstände sind vertreten, und den größten Anteil machen die Hausfrauen aus. Das ist wiederum eine Bestätigung des Volkscharakters der Resistenza.

Es ist behauptet und beklagt worden, dass das Engagement der Frauen nur vom 8. September 1943 bis zum Kriegsende gedauert hat, dass sie dann von der öffentlichen Bühne verschwunden und wieder ins Private zurückgekehrt sind. Das stimmt nur zum Teil. Aus den Gruppi di difesa della donna (Frauenverteidigungsgruppen) entsteht zum Beispiel die Unione Donne Italiane (Union der italienischen Frauen), die versucht, das Selbstverständnis und das Leben der Italienerinnen zu modernisieren und zu verändern. In die zwei großen Volksparteien – die Democrazia Cristiana und die Kommunistische Partei – treten ehemalige Partisaninnen ein und bilden weibliche Sektionen. Aber die meisten Frauen kehren tatsächlich nach Hause zurück.

Giuliana Gadola Beltrami, Präsidentin des Italienischen Partisanenverbandes ANPI, sagte Ende der 70 Jahre: „Die Familie … hat sie (die Frauen) wie ein Riesenpolyp gefressen. Und niemand hat es bemerkt.“ Wie konnte das geschehen? Die Historikerin Franca Pieroni Bortolotti sieht die Wurzeln der allgemeinen Nichtbeachtung dieses Phänomens in der Frauenfeindlichkeit der patriarchalen Gesellschaft, deren Spuren auch in der Resistenza vorhanden waren. Man denke nur, dass in den meisten Partisanenrepubliken die Frauen kein Wahlrecht bekamen. Anna Bravo erzählt, dass die Näherinnen, die die Bekleidung der Garibaldi-Brigaden schneiderten, nach rigiden Anweisungen getrennt von Männern leben sollten und sich einmal in der Woche einer ärztlichen Untersuchung unterziehen mussten – aus der Befürchtung, dass die Partisanen aus moralischen Gründen in Verruf kommen könnten. Das Misstrauen gegenüber den Frauen war nicht nur in der Angst begründet, die Bevölkerung würde sie als sexuell leichtfertig abstempeln. Das geschah ohnehin und deswegen wurden viele Partisaninnen von ihren Kampfgenossen daran gehindert, bei Umzügen zur Feier der Befreiung mitzugehen.

Wie so oft in der Geschichte sind die Frauen gern gesehen bei spontanen Aufständen: Wenn sie in den ersten Reihen – am besten mit ihren Kindern auf dem Arm – für Brot oder Freiheit demonstrieren, zählt man auf sie und hofft, dass ihretwegen der Schießbefehl unterbleibt – was nicht immer der Fall ist. Nach Ende der Revolte stört gerade diese urwüchsige Muttergestalt, deren Kraft und Leidenschaft die politische Eignung der Frauen in Frage stellt.

Anna Bravo hat das mütterliche Verhalten der Partisaninnen zu Recht unterstrichen. Es soll nicht vergessen werden, dass der Partisanenkrieg nach dem Waffenstillstand vom 8. September mit der größten Verkleidungsaktion anfängt, die in der italienischen Geschichte bekannt ist. Die Soldaten aus der zusammengebrochenen italienischen Armee brauchten neue Kleidung, um nicht als Feinde nach Deutschland deportiert zu werden. Damals schneiderten Frauen in kürzester Zeit Hosen und Jacken aus alten Decken und Hemden. Die Soldaten bekamen am Bahnhof Adressen, wo sie ihre Uniformen gegen zivile Kleidung umtauschen konnten. Ihre Schuhe wurden gefärbt und später anderen gegeben. Jede italienische Frau, die im besetzten Teil des Landes gelebt hat, erinnert sich an diese Aktion.

Eine offizielle Anerkennung für diese Leistung gibt es nicht: Sie wird in keinem Schulbuch erwähnt. Nur die von der provisorischen Regierung verabschiedete Erweiterung des Wahlrechts für Frauen erinnert an ihre Verdienste im Krieg. Es ist ein Dekret von Februar 1945, das fast unbemerkt bleibt. Nur ein Zeitungstitel äußert die Befürchtung: „Werden jetzt die Frauen gebieten?“ (Daraus spricht die alte Befürchtung, wenn die Frau nicht mehr gehorchen muss, wird sie befehlen wollen …) Aber keine Debatte über eine neue Rolle der Frau in der Politik entsteht. Gleichgültigkeit ist die allgemeine Reaktion.
Es sieht so aus, als ob sich viele Frauen, die sich in der Hoffnung auf radikale Änderungen mobilisieren, hinterher freiwillig zurückziehen, weil die politische Verwaltung des Alltags sie nicht interessiert. Mehrere Faktoren treffen zusammen und geben ein sehr differenziertes Bild. Zum einen ist den Männern die Rückkehr der Frauen ins Private höchst willkommen, zum anderen sind es die Frauen selbst, die es aus Desinteresse oder Angst tun, als ehemalige Partisaninnen gesellschaftlich ausgegrenzt zu werden. Schließlich spielen regionale Unterschiede eine Rolle. In der Emilia-Romagna begünstigt das bereits bestehende politische Klima Institutionen, die den Frauen eine Kontinuität ihrer im Krieg begonnenen Politisierung erlauben. Im Piemont z.B. geschieht dies nicht, weil die individuellen Motivationen der einzelnen Partisaninnen nicht in politischen Gruppierungen kanalisierbar sind.

So verschwinden viele Frauen ins Namenlose, die, im Gegensatz zu den von der Faschistischen Republik einberufenen Männern, gar nicht gezwungen waren, sich für die Republik oder für den Untergrundkampf zu entscheiden. Ihre Wahl ist tatsächlich freiwillig.
Wenn Ernesto Galli della Loggia die Zeit vom 8.9.1943 bis zum 25.4.1945 als „guerra femminile“ (weiblichen Krieg) bezeichnet, stützt er sich auf die Tatsache, dass sich im besetzten Italien nur die Frauen frei bewegen konnten, die Männer zwischen 18 und 65 Jahren – wegen des Deportationsrisikos – nicht.
Wie hätte man also ohne Frauen einen Kampf führen können? Wer hätte Unterkunft und Verpflegung besorgt, Waffen geliefert, Befehle gebracht, Verletzte versorgt, Untergrundpropaganda geschrieben, getippt und verteilt, um nur einige der Aufgaben zu nennen?

Dass man heute solche Überlegungen anstellt, ist nicht zuletzt das Verdienst von Frauen. Es waren diejenigen, die den Krieg und den Partisanenkampf selbst miterlebt hatten und die Erinnerung der Teilnehmerinnen zu Papier brachten – Bianca Guidetti Serra, Anna Maria Bruzzone, Rachele Farina, Franca Pieroni Bortolotti und Nuto Revelli (unter den Männern) sind die bekanntesten von ihnen.
Wenn auch ihre Bücher die historische männliche Perspektive in Frage stellten, beeinflussten sie kaum die allgemeine Geschichtsschreibung und blieben innerhalb der Grenzen der Frauenforschung. Erst seitdem die neue englische und amerikanische Historiographie männliche und weibliche Rollen im Krieg und ihre Rezeption als zentrales Thema betrachtet, ist eine neue Sicht möglich. Der Krieg wird nicht mehr nur unter ideologischen, politischen und militärischen Aspekten betrachtet, wobei nicht bewaffnete Personen wie Frauen, Kinder, Gefangene und Deportierte nur nebensächliche Akteure sind.
Heute kann die zivile Resistenza der Frauen als neue Kategorie in der Geschichte ihren gebührenden Platz einnehmen.

Liana Novelli-Glaab

Literaturtipps:

F.P. Bortolotti: Le Donne della Resistenza Antifascista, Milano 1978
A.M. Bruzzone/R. Farina: La Resistenza Taciuta, Milano 1976