Maria Cervi

Ein Leben lang Erinnerungsarbeit

Maria Cervi hat ihr Leben dieser Erinnerungsarbeit gewidmet: Als ihr Vater und dessen sechs Brüder von den Faschisten gefangen genommen und ermordet wurden, war sie das älteste der hinterbliebenen Kindern. In der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 2007 ist Maria Cervi in ihrem Haus in Campegine gestorben.

Familie Cervi
Fotos: Maria Cervi 2006 (oben) und mit Familie nach dem Krieg (Maria Cervi: 2. Reihe, 3. von rechts)

Die Geschichte der Familie Cervi – Anlaufstelle für die vielen Flüchtlinge

In der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 2007 verstarb Maria Cervi in ihrem Haus in Campegine. Sie war die Tochter von Antenore Cervi und gab als äußerst aktive Zeitzeugin die Geschichte ihrer im antifaschistischen Widerstand tätigen Familie an die Öffentlichkeit weiter.

Schon seit langem bildete Maria Cervi das Zentrum der Aktivitäten des Istituto “Alcide Cervi”, des Instituts zur Erforschung der Agrargeschichte, des Antifaschismus und des Widerstands auf dem Land, dessen Arbeiten sie wesentlich förderte. Seit mehr als 30 Jahren widmet sich dieses Instituts der Erinnerungsarbeit an ihren Großvater Cervi und der sieben Bauernsöhne, die zu den Ersten gehörten, die den Partisanenkampf aufnahmen. Alcide Cervi, genannt “Papá Cervi” ist einer der wichtigsten Vertreter des italienischen Antifaschismus, dessen Bedeutung in die kollektive Erinnerung des gesamten Landes eingegangen ist.

Maria Cervi hat ihr Leben dieser Erinnerungsarbeit gewidmet: Als ihr Vater und dessen sechs Brüder von den Faschisten gefangen genommen und ermordet wurden, war sie das älteste der hinterbliebenen Kindern. Obwohl erst neun Jahre alt, blieben ihr die Erinnerungen an die blutigen Ereignisse der damaligen Zeit stets präsent. Als Heranwachsende stand sie ihrem Großvater Alcide Cervi sowie auch ihrer Mutter und den anderen verwitweten Frauen des Hauses zur Seite, und die Erzählungen und Zeitzeugnisse der Familie wurden wesentlicher Bestandteil im Leben von Maria Cervi. Diese Erfahrungen und das Wissen darum prägten auch ihre späteren politischen Aktivitäten.

Das unermüdliche Engagement von Maria für das „Museo Cervi“ bewirkte, dass das Museum mittlerweile einen der zentralen Erinnerungsorte des Widerstand in Italien darstellt. Sie war zweifellos die treibende Kraft für die Entstehung des “Istituto Cervi”, das als eine kulturelle Kraft nationale Bedeutung erhielt. Maria Cervi wurde das Sprachohr für eine außergewöhnliche italienische Familie, deren Aktivitäten als beispielgebend für den italienischen Widerstand gelten. Dabei ließ sie eine ritualisierte Rhethorik der Erinnerung weit hinter sich und wandte sich direkt an Jugendliche und SchülerInnen und an eine breite Öffentlichkeit. Eingebunde in die Gegenwart baute sie zusammen mit anderen Organisationen und Einrichtungen ein enges Netz auf, das sich die Stärkung einer antifaschistischen Identität zum Ziel setzt.

Obwohl Maria Cervi inzwischen zu einer öffentlich bekannten Person geworden war, ließ sie es sich nicht nehmen, persönlich interessierte Gruppen im Museum in Empfang zu nehmen und mit ihnen das Gespräch zu suchen. Am Sonntag Abend, wenige Stunden vor ihrem Tod, hat sich die aktive Zeitzeugin mit einer Gruppe getroffen. Sie ging von uns, indem sie der Öffentlichkeit, dem Institut und dem Museum ein letztes Mal das schenkte, dem sie ihr ganzes Laben gewidmet hatte: mit der Erzählung über den Widerstand und dessen antifaschistischen Werten.

Maria Cervi ist 1934 in Campegine zur Welt gekommen, als erstes Enkelkind von “Papá Cervi”. Sie hinterlässt ihren Mann Giovanni und ihre beiden Töchter Anna und Silvia.