Die Arbeit der Frauen war das Rückgrat der Resistenza

In Reggio Emilia nach der Befreiung

Frauen im italienischen Widerstand

Mit dem Waffenstillstandsabkommen vom 8. September verschärfte sich die Situation. Viele Frauen erkannten, dass der Krieg keineswegs zu Ende war, sondern dass man sich im Gegenteil auf einen harten Kampf gegen die deutschen Besatzer und ihrer faschistischen KollaborateurInnen würde gefasst machen müssen …

41. Brigade Garibaldi "Carlo Carli" PartisanInnengruppe im Appennino modenese Partisaninnendenkmal in Venedig

Zum Vergrößern auf die Bilder klicken
Links: Die 41. Brigade Garibaldi "Carlo Carli" war die einzige Partisanenformation in den Bergen um Turin,
in der die Frauen wie die Männer in den Bergen lebten
Mitte: PartisanInnengruppe im Appennino modenese                           Rechts: Partisaninnendenkmal in Venedig

„…als Intellektuelle kamen sie heraus.“ Die antifaschistische Generation der 20er Jahre

„Aus dem Gefängnis erhielt ich Briefe von meinem Onkel. Wie viele Gefangene bildete auch er sich dort weiter, die Inhaftierten studierten gemeinsam. Als Ungebildete kamen sie ins Gefängnis, als Intellektuelle kamen sie heraus.“ Die Partisanin Laura Polizzi aus Parma, Jg. 1926, schildert hier den Erfahrungshorizont derjenigen antifaschistischen Generation, die Opfer des faschistischen Sondergesetzes vom 25. November 1926 zur „Verteidigung des Staates“ geworden waren: Aufgrund des dabei geschaffenen Sondergerichtes schnellte die Zahl der Verurteilten in die Höhe. Die Gefängnisse füllten sich mit AntifaschistInnen, die Mehrzahl davon kommunistisch orientiert.

Die in den Gefängnissen bald organisierten politischen und ideologischen Schulungen waren bei den mehrjährigen Haftzeiten von hohem Wert. Man schmuggelte antifaschistische und marxistische Literatur hinein, Bücher, die in Italien nicht mehr erhältlich waren, sondern aus dem Ausland eingeschleust werden mussten. Gelang eine Vereinbarung mit dem Wärter, der die Bucheingänge überwachte, konnten „verdächtige“ durch „harmlose“ Buchtitel ausgetauscht werden und in das Innere wurde ein Blatt mit dem Stempel der Zensurbehörde und der Unterschrift des Gefängniswärters geklebt, das man einem erlaubten Buch entnommen hatte. Dieses Vertauschspiel erkannten die Gefängniswärter selten, zumal viele Bücher nicht auf italienisch, sondern in einer Fremdsprache verfasst waren. Auch Laura Polizzi berichtet von solchen Büchern in ihrem antifaschistisch orientierten Elternhaus: „Obwohl meine Familie arm war und wir manchmal keine Schuhe hatten, kaufte mein Vater doch Bücher, die vom Faschismus verboten waren, darunter ausländische Werke, z. B. Victor Hugo u. a.“ Sie selbst jedoch nahm an der regen Diskussion der Männer in ihrer Verwandtschaft vorerst nicht teil, denn: „Ich dachte, ich bin eine Frau und diese Dinge haben mich nicht zu interessieren.“

Doch in den Gefängnissen saßen durchaus auch Frauen, die aufgrund ihrer antifaschistischen Arbeit verhaftet worden waren.

Camilla Ravera, Jg. 1889, die sofort bei ihrer Gründung Mitglied in der kommunistischen Partei geworden und ihren GenossInnen in die Emigration nach Frankreich gefolgt war, wurde bei einem Auftrag in Italien 1930 gefasst und vom Sondergericht zu 15 Jahren Haft verurteilt, von denen sie fünf in dem von Nonnen geleiteten Frauengefängnis von Perugia abbüßte. Sie kam hier in Einzelhaft und durfte nur selten Besuch empfangen; auf ihrem Hofgang begleitete sie nur die zuständige Nonne.

Camilla Marcella Oriani, Jg. 1908, aus Cusano Milanino, arbeitete in der kommunistischen Untergrundorganisation Mailands mit. 1935 aufgrund kompromittierenden Materials gefangen genommen, wurde auch sie vor dem Sondergericht wegen Gründung eines kommunistischen Zirkels und subversiver Propagandatätigkeit zu 10 Jahren Haft in Perugia verurteilt. Dort versuchten die politischen die unpolitischen, „kriminellen“ Häftlinge zu politisieren und auch diejenigen Frauen zu erreichen, die ab dem 8. September 1943 anstatt ihrer Männer als Geiseln verhaftet worden waren, weil diese sich nicht zum Militärdienst gemeldet hatten. Gerade weil in diesem von Nonnen geführten Frauengefängnis von Perugia die Insassinnen durch monotone religiöse Übungen abgestumpft wurden, waren diese politischen Sensibilisierungsmaßnahmen umso wichtiger. Viele, die nach dem 25. Juli 1943 – dem Sturz des italienischen Faschismus – aus den Gefängnissen kamen, schlossen sich sogleich dem Befreiungskampf, der „Resistenza“ an. Giacomina Castagnetti, Jg. 1925, die als junges Mädchen der Resistenza beitrat, sah ihre Widerstandstätigkeit auch als Teil einer schon länger bestehenden antifaschistischen Haltung unter Frauen: „Tatsächlich waren es in Italien mehrere Frauen, die aufgrund ihrer antifaschistischen Arbeit vom faschistischen Sondergericht angeklagt und verurteilt worden sind. Es gab bereits eine Tradition unter den Frauen, sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen, gegen den Faschismus zu kämpfen, was dann in ihrer Beteiligung am Befreiungskampf mündete.“

„Weil ich ein Mädchen bin“ – von der Schwierigkeit, Partisanin zu werden

Der nach dem Sturz Mussolinis eingesetzten Regierung Badoglio misstrauten die meisten zutiefst, zumal beispielsweise die rassistischen Gesetze keineswegs abgeschafft wurden. In der Familie von Laura Polizzi ging somit der antifaschistische Kampf weiter, doch noch immer ohne ihre Beteiligung: „Ich fragte die Männer in meiner Familie, ob ich mitmachen könnte. Ihre Antwort war nein. Ich sei ein Mädchen. Eines Tage kam ein etwas älteres Mädchen als ich zu uns, Lucia Sarzi. Sie arbeitete als Stafette für die Brüder Cervi und die kommunistische Partei1.  Sie wurde von den Männern gleichberechtigt behandelt. Das hat mich neugierig und neidisch gemacht: Warum sie und ich nicht? Wir wurden Freundinnen, diskutierten über Politik, über Faschismus, über die Bücher, die wir beide gelesen hatten. Lucia war verwundert darüber, dass ich so viel wusste, aber nicht im Widerstand tätig war, und sie fragte mich, weshalb. Ich sagte ihr, das wäre, weil ich eine Frau sei und die Männer aus der Familie meine Beteiligung ablehnten. Das konnte sie gar nicht verstehen und auch nicht gutheißen und so sprach ich abermals mit meinem mittlerweile aus dem Gefängnis entlassenen Onkel.“ Er begann nun tatsächlich damit, sie in der Geschichte von Kommunismus und Ökonomie zu unterrichten: „Ich wurde dadurch Kommunistin. Der andere Onkel gab mir kleine illegale Aufgaben und eines Tages bringt er mich zum Fluss und zeigt mir einen Revolver. Er lädt und leert ihn wieder: ‚Bald wirst du ihn nutzten müssen, Laura, denn bald müssen wir zu den Waffen greifen.'“

Mit dem Waffenstillstandsabkommen vom 8. September verschärfte sich tatsächlich die Situation. Neben den bereits politisch geschulten GenossInnen erkannten auch andere Frauen, dass der Krieg damit keineswegs zu Ende war, sondern dass man sich im Gegenteil auf einen harten Kampf gegen die deutschen Besatzer und ihrer faschistischen KollaborateurInnen würde gefasst machen müssen.

„Massen-Maternage“ – so fing der Widerstand an

Frauen aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen ließen den sich selbst überlassenen Soldaten des italienischen Heeres jede erdenkliche Unterstützung zukommen. Diese in der italienischen Forschung als „Massen-Maternage“ bezeichneten Aktivitäten werden durch Tausende Aussagen bezeugt. Annita Malavasi, Jg. 1921, die sofort mit der Untergrundorganisation der PCI (kommunistische Partei Italiens) in Reggio Emilia in Kontakt trat, berichtet: „Um den 8. September herum gab es die ersten Aktionen, mit denen sich die Frauen an der Resistenza beteiligten. In diesen Tagen mussten viele Soldaten versteckt werden, wenn sie nicht an der faschistischen Republik von Salò beteiligt sein wollten. Es blühte ihnen dann nämlich die Deportation in deutsche Lager. Die Reaktion von sehr vielen Frauen war in diesen Tagen, Anziehsachen rauszusuchen und zu verschenken, damit sich die Soldaten umziehen und von der Bildfläche verschwinden konnten. Ich selbst bin mit meinen Geschwistern in die Kaserne von Reggio gegangen. Wir hatten uns doppelt angezogen, so dass wir einen Teil unserer Kleidung den Soldaten überlassen konnten. Sie warfen ihre Uniformen weg und sind mit uns als ziviles Personal, das in den Kasernen zur Verpflegung arbeitete, an den Wachposten vorbeigekommen. Wir gingen auch zu den Familien mit Söhnen im wehrpflichtigen Alter und versuchten sie zu überzeugen, sich nicht zum Wehrdienst zu melden, obwohl darauf Gefängnisstrafe, Deportation oder sogar die Todesstrafe stand. So haben wir viele aufwiegeln können.“

Über die Ereignisse des 8. September in Parma berichtet Laura Polizzi: „Die Antifaschisten gingen auf die Piazza Garibaldi und sagten der Bevölkerung, dass das Land besetzt werden würde. Sie sollten sich auf einen bewaffneten Kampf vorbereiten. Es sprachen die Christdemokraten, die Kommunisten und Sozialisten – alle vereint. Plötzlich hörte man einen Knall, wahrscheinlich war es nur ein geplatzter Fahrradschlauch. Die Leute, die eben noch beteuert hatten, für den Kampf bereit zu sein, flüchteten alle total aufgeschreckt. Da kam ganz spontan eine Wut in mir hoch und ich stieg auf das Denkmal von Garibaldi, von wo eben noch die Männer gesprochen hatten. Ich sprach an die Öffentlichkeit und rief, gerichtet besonders an die Mädchen und Frauen: ‚Ja wie, eben noch habt ihr versprochen zu kämpfen und jetzt flüchtet ihr und habt Angst? Ich habe ja keine Angst, obwohl ich ein Mädchen bin!‘ Die Leute blieben verwundert stehen. Mein Onkel umarmte mich und sagte: ‚Du musst jetzt in die Resistenza eintreten!'“ Was dann folgte, erzählt sie heute, 60 Jahre später, mit einem Lachen: „Ich antwortete: ‚Ja, gerne. Aber erst muss ich die Erlaubnis von meinem Vater einholen.‘ Damals war man erst mit 21 volljährig.“ Der Vater erklärte sich jedoch einverstanden.

„Die Kommunikation lief über unsere Beine“ – Stafetten

Laura Polizzi, die nun den Kampfnamen „Mirka“ annahm – ihren bürgerlichen Namen durfte von nun an niemand mehr erfahren -, wurde zunächst als Stafette für die kommunistische Untergrundorganisation von Parma eingesetzt. „Die einzige Kommunikation, die die Widerstandsgruppen miteinander hatten, lief über unsere Beine“, erläutert Annita Malavasi, die den Kampfnamen „Laila“ trug.

Hinter den zeitgenössischen Berichten, in denen lapidar von Stafettenarbeit die Rede ist, verbirgt sich eine äußerst gefährliche, anstrengende und unverzichtbare illegale Arbeit: „Die Arbeit der Frauen war letztendlich das Rückgrat der Resistenza“, resümiert Laila, die Unteroffizierin in der 144. Brigade Garibaldi wurde: „Das liegt nicht daran, dass die Frauen irgendwas besonderes wären, was die Männer nicht sind. Es ging lediglich darum, dass die Frauen eine relative Bewegungsfreiheit genossen und Arbeiten und Aktionen durchführen konnten, die den Männern unmöglich waren. Das ist natürlich dem Feind bald klar geworden und es hat erhebliche Nachforschungsarbeiten gegen unsere Organisation gegeben. Es gab Verhaftungen, Folterungen und Tötungen in unseren Reihen.“

Die Stafetten verbanden die bewaffneten Formationen in den Bergen mit den Führungszentren im städtischen Untergrund, sie übermittelten Nachrichten, Befehle, transportierten illegale Drucksachen, gefälschte Dokumente, Lebensmittel und Geld. „Die Frauen selbst wussten, wie bedeutsam ihre Arbeit war, schließlich haben es auch die Männer verstehen müssen. Denn natürlich gab es Rückwärtsgewandte, man hat so manche Partisanin misstrauisch beäugt, gerade wenn es ein junges Mädchen mit einem Gewehr in der Hand war. Aber sie mussten einsehen, dass die Arbeit der Frauen wichtig war, denn wenn es die Stafetten nicht gegeben hätte, wären die Partisanengruppen völlig voneinander isoliert gewesen.“ Unter dem von Stafetten beförderten Material befanden sich auch Munition, Waffen, Sprengstoff: „Wir trugen in unserem Einkaufskorb obenauf die Kartoffeln und versteckt darunter die Munition.“ (Giacomina Castagnetti) Die Partisaninnen leugnen dabei nicht ihre Angst. „Einmal war ich mit einer Tasche voller Handgranaten unterwegs, die wir zur Tarnung in Glühbirnenkartons verpackt hatten. Ich habe die Tasche weit von mir gehalten – als ob das etwas genützt hätte!“

Stafetten halfen, Verletzte und Kranke an sicheren Orten zu verstecken und zu kurieren, sie beschafften Geld, Lebensmittel und Kleidung für die kämpfenden PartisanInnen in den Bergen. Bei ihrer Arbeit mussten sich die Frauen über weite Strecken hinweg bewegen, mit dem Fahrrad, auf dem Lastwagen mit Nazifaschisten, in überfüllten Zügen den Bombardements ausgesetzt, doch meistens zu Fuß, bei jeder Witterung. Laila erinnert sich an einen Tag im November ’44: „In unserer Gegend gibt es oft Nebel, wir waren zwölf Stunden unterwegs und es hat ununterbrochen geregnet. Der Nebel war so dicht, dass man keine Handbreit sehen konnte. Wir hatten einen Partisanen dabei, der ehemals Armeeoffizier war. Er hatte damals die Fähigkeit erworben, sich auch im Nebel zu orientieren. Anhand der Wetterseite der Bäume, indem er die Rinde fühlte, erkannte er, wo Norden war. So haben wir uns einen Tag lang durchgeschlagen, im Nebel, im Regen, das Wasser lief dir im Nacken rein, den Körper runter, in die Schuhe. Wir kamen abends an einen Stützpunkt. Ich war völlig fertig und habe rheumatisches Fieber bekommen. Wir hatten eben keine beheizten Häuser, nur schlechte Verpflegung, unsere Körper waren geschwächt. Ich wurde sehr krank und habe 15 Tage lang in einem Stall gelegen, mein Körper musste das ganz allein machen.“

„Das erste Mal eine Organisation von Frauen“ – die Frauenverteidigungsgruppen

Organisiert waren die Stafetten und all die unzähligen Frauen, die ihnen zuarbeiteten, indem sie z. B. in deutsche Militärlager einbrachen und Stoffe besorgten, die anschließend von Näherinnen in getarnten Werkstätten für die Kämpfenden illegal hergestellt wurden, in den GDD, den ‚Gruppen zur Verteidigung der Frau und zur Unterstützung der bewaffneten Kämpfer‘ (Gruppi di difesa della donna e di assistenza ai combattenti). Diese Frauenverteidigungsgruppen wurden zwischen Winter 1943 und Sommer ’44 in Mailand, Turin, Bologna und Florenz und vielen anderen Städten gegründet. Allerdings wurden sie offiziell erst im Sommer ’44 von dem CLN, dem Nationalen Befreiungskomitee anerkannt und erhielten Geld für ihre Aktivitäten: Für die Redaktion diverser Frauenzeitungen, mit denen sie unter den noch nicht politisierten Frauen agitieren konnten, für die materielle Unterstützung, die sie schon lange den Gefangenen und deren Angehörigen zukommen ließen.

In der Emilia Romagna waren die GDD extrem gut organisiert: „Es war das erste Mal eine Organisation von Frauen. In der Zeit, in der wir geheim und illegal leben mussten, trafen wir uns häufig und sprachen darüber, dass wir das Frauenwahlrecht und andere Rechte für Frauen forderten. Die Frauenverteidigungsgruppen sind nach dem 8. September eine große, eine wichtige Bewegung geworden. Es waren für mich die wichtigsten Organisationen, denn vielleicht war dies das erste Mal in der Geschichte Italiens, dass Frauen eine eigene Organisation hatten, deren erstes Ziel es war, gegen den Krieg zu kämpfen, aber man dachte auch schon an die Nachkriegszeit.“ (Giacomina Castagnetti) Eine weitere wichtige Funktion dieser GDD war es, Radio London abzuhören und die Absichten der Deutschen und FaschistInnen zu erkunden: „Ich habe eine Frauengruppe von der Antispionageeinheit kommandiert. Wir waren ungefähr 40 Frauen. Es gab viele, die vor dem Haus sitzend aufschrieben, wie viele Militärwagen der Wehrmacht vorbeifuhren, welche Art der Bewaffnung sie hatten, usw. Diese Informationen wurden von den Stafetten an die Partisanen oder auch an die Alliierten weiter gegeben. Dadurch wussten wir oft sehr schnell, wo sich der Feind befand und es konnten entsprechende Aktionen durchgeführt werden. In einigen Fällen haben ganze Familien mitgearbeitet, bzw. alle Frauen der Familie, die Großmutter, Mutter, Schwiegertochter und Tochter. Kesselring hat einmal gesagt, der italienische Widerstand hätte ein effektiveres Informations- und Antispionagesystem gehabt als die Wehrmacht. Er wusste nicht, dass es oft Analphabetinnen waren, die lediglich Striche machten, um zu zählen, wie viele LKWs an ihrem Haus vorbeigefahren waren.“ (Laila)

Mirka wurde von der kommunistischen Partei beauftragt, in der Gegend um Reggio die GDD anzuleiten: „Dieses illegale Leben, wie war es? Viele Genossen, die aus anderen Gegenden kamen, hatten wie ich keinen festen Wohnort. Wir hatten falsche Dokumente, einen Kampfnamen, der wiederum ein anderer war, als der der im Dokument stand. Wir schliefen und aßen in Häusern, die uns die legalen KämpferInnen zur Verfügung stellten. Wir wussten am Morgen nicht, wo wir am Abend schlafen würden.“

Vom „Engel des Herdfeuers“ keine Spur

Die Frauen, die in den Befreiungskampf involviert waren – als Produzentinnen von Kleidung und Lebensmitteln, als „Gastgeberinnen“ für Illegale und Verfolgte, als Stafetten, Kommissarinnen oder mit der Waffe in der Hand – sie alle machten Erfahrungen, die weit über ihren ihnen bislang zugestandenen Horizont hinausgingen.

Mirka, die schließlich – ohne Erlaubnis von der Partei – zu den kämpfenden Partisanenformationen in die Berge ging, wurde dort aufgrund ihrer politischen Kenntnisse zur Politkommissarin für die Schulung der jungen Partisanen ernannt. In dieser Funktion war sie auch zuständig für das Verhör von Spitzeln: „Ich musste auch die Verhöre übernehmen und wandte dabei zwar nicht die Methoden der Deutschen an, doch was man den Frauen nachsagte, sie seien zartfühlend und weich, davon verspürte ich während dieser Arbeit überhaupt nichts.“ Die Partisanin Laila resümiert mit einem kurzen Blick zurück auf den „Kulturgeist, der seit Tausenden von Jahren hier herrschte“: „Die untergeordnete Rolle der Frau als ‚Engel des Herdfeuers‘ war nicht einfach zu verändern und es dauerte sehr lang. Man musste ja nicht nur die Frauen anregen, ihre Denkweise zu verändern, sondern es war auch nicht einfach, den Männern klar zu machen, dass sie ihr Denken verändern mussten, denn sie waren ja die Herren und wir oft nur ihre Sklavinnen. Es gibt heute viele Leute, die die Resistenza klein reden wollen, die auch die Beteiligung der Frauen und die Wichtigkeit ihrer Arbeit klein reden wollen. Doch der Faschismus hat uns lediglich Armut, Hunger und Krieg gebracht. Für den Fall, dass es diese gesellschaftliche Negativentwicklung und Rückentwicklung wieder gibt, werden wir Frauen die allerersten sein, die die Zeche zu bezahlen haben.“

Nadja Bennewitz
1 Die Arbeit und Verbindung dieser beiden Frauen wird u.a. in dem Museum der Brüder Cervi benannt:
Via F.lli Cervi, 9 42043 Gattatico (RE) www.fratellicervi.it