Ernst Jundt – Die Denkschrift eines deutschen Partisanen

Die Geschichte des geheimen Informationsdienstes von „Gancia“

In den ersten Dezembertagen des Jahres 1944 war der Oberst der deutschen Garnison von Busana an der Nationalstraße Nr. 63 sehr wütend: Einer seiner Soldaten war zu den „Banditen“ übergelaufen …

Zufällig konnten wir die Kopie eines mit der Schreibmaschine geschriebenen Textes kaufen, den Ernst Jundt der Familie Giacomini aus Busana als „Anerkennung für die Unterstützung in schweren Zeiten“ geschenkt hatte, wie er in seiner Widmung festhält. Der Text ist ohne Zweifel eine Kopie, denn auf der Folgeseite steht: „Für meinen Beschützer Gancia (Pedrazzi) in Erinnerung der Zeiten, als er für mich wie ein guter Vater war. Er hat mich vor dem grausamen nationalsozialistischen Wahnsinn gerettet und half mir bei den ersten Schritten in einer Freiheit, die für mich noch neu und ungewohnt war. Bei dieser Widmung soll die Gelegenheit genutzt werden, um meine aufrichtigen Gefühle der Anerkennung zu wiederholen, die mein Herz gegenüber meinem Wohltäter erfüllen“.
Jundt war ein Unteroffizier der Wehrmacht, geboren 1912, der in der Garnison von Busana seinen Dienst leistete. Er wohnte in Heidelberg und war entweder deutscher Nationalität (wie es in einem Dokument des „Comando unico Zona“ zu lesen ist) oder österreichischer Nationalität, wie er selbst in einem Dokument vom 6. Februar 1946 erklärte, in dem er behauptete, Literaturprofessor zu sein. Dies erscheint glaubwürdig, weil er nach wenig mehr als einem Jahr Aufenthalt in Italien in der Lage war, diese Denkschrift in einem sehr verständlichen Italienisch zu schreiben.
Sein Zeugnis, das wir – ohne die kleinen formalen Fehler zu korrigieren – vollständig veröffentlichen, ist wahrheitsgetreu und hat den Vorteil, dem Leser eine interessante Seite des Befreiungskriegs aufzuzeigen: Die engen Beziehungen zwischen Partisanen und einigen Mitgliedern der deutschen Wehrmacht.
G. F.

Gancia war der Kampfname von Pedrazzi Prospero. Pedrazzi, Sohn eines armen Pfarrers aus dem Dorf Valbona, hatte es geschafft, zu einem der wichtigsten und am meisten respektierten Gastwirte in Ligonchio in der Provinz von Reggio Emilia zu werden. Er konnte diese Position dank seiner Klugheit und seiner Willenskraft erreichen, die ausgeprägter als die seiner Mitbürger waren. Zu diesen Gemütseigenschaften kommt noch eine seltene Güte hinzu, die ihn von allen anderen Dorfbewohnern unterscheidet.
In den nun – zum Glück – vergangenen Zeiten der so genannten faschistischen Republik und der furchtbaren deutschen, nazistischen Besatzung gab Pedrazzi seine Arbeit und seine Geschäfte im Namen seiner glühenden Liebe für die Gerechtigkeit und die Freiheit auf und widmete diese Kräfte dem geheimen Partisanenkampf für die Befreiung Italiens. Er gründete in der Gebirgsregion der Provinz von Reggio Emilia einen Geheimdienst, um Informationen über die verschiedenen deutschen Garnisonen in diesem Gebiet zu sammeln. Die ganze Zeit, bis hin zur Befreiung, führte er diesen mit so viel Vorsicht gegründeten Dienst mit großer Gewandtheit und Leidenschaft. Von den Ereignissen um diesen Dienst wird folgende „Geschichte des geheimen Partisaneninformationsdienstes von Gancia“ berichten.

„Gancia“

In den ersten Dezembertagen des Jahres 1944 war der Oberst der deutschen Garnison von Busana an der Nationalstraße Nr. 63 sehr wütend: Einer seiner Soldaten war zu den „Banditen“ übergelaufen! Wie konnte das passieren? War er selber daran schuld, war er ungerecht gewesen? Hatte er diesen Soldaten schlecht behandelt, weil er ihn mit drei Tagen Gefängnis bestraft und ihn anschließend strafversetzt hatte? Vielleicht konnte dieser Soldat nicht verstehen, warum der Oberst einen Menschen so hart bestrafte, der abends in das Dorf gegangen war, nur um seine Verlobte zu besuchen. (…) Wo war er hingegangen? Man sagte, dass er nach Ligonchio geflohen war, in jenes Banditenrevier! Für den Oberst war es sehr bedauerlich und eine gefährliche Angelegenheit, weil dieser Soldat viele Dinge kannte, die er vielleicht bei den Partisanen ausplaudern konnte.
Tatsächlich war jener Soldat nach Ligonchio geflohen. Er hieß Artur Reich, besser bekannt durch seinen Kampfnamen „Mietec“ . Er hatte sich entschlossen, den Befehl der Versetzung nicht zu befolgen und ging deshalb in der Nacht nach Ligonchio, begleitet von einem Mitglied des Informationsdienstes von Gancia. Die Partisanen empfingen ihn herzlich und kurz nach seiner Ankunft arbeitete er schon im Informationsdienst, welcher ein Informationsnetz für die Gebirgsregion entlang der Nationalstraße Nr. 63 gegründet hatte. In allen Dörfern auf dieser Straße vom Pass von Valico bis nach Castelnuovo in den Bergen meldeten die zuständigen Mitarbeiter nach Ligonchio mündlich oder per Brief alle möglichen Nachrichten über das, was die Deutschen in den dortigen Garnisonen machten. Auf diese Weise war der Informationsdienst über das Geschehen im eigenen Gebiet immer so gut informiert, dass es ihm möglich war, perfekte Informationen sowohl dem Comando Unico als auch der Missione Alleata und der 145. Brigade, die in der B-Zone ihren Sitz hatte, mitzuteilen. Gancia erhielt also auch Mietec in seinen Dienst, mit der Spezialmission, die Beziehungen zu der Garnison von Busana zu verstärken.
Gancia wollte persönlich Kontakt zu den deutschen Garnisonschefs aufnehmen. Aus diesem Grund ging er ins Gebiet von Cerreto und ließ sich von einem Freund aus Cerreto dem deutschen Hauptmann vorstellen. Es folgte ein langes Verhör, in dem er um Erlaubnis bat, zum Oberst von Busana, Hauptmann der gesamten Straße Nr. 63, gehen zu dürfen. Er erhielt die Erlaubnis, aber nicht ohne Schwierigkeiten und Misstrauen. Wie einen Verdächtigen ließ ihn der Hauptmann von einer bewaffneten Streife bis nach Busana begleiten. Als er dort ankam und zum Kommando geführt wurde, konnte er mit dem Adjutanten des Oberst verhandeln. Während des Gespräches erklärte er den Grund seines Besuches und bat den Oberst selbst um die Genehmigung und Bereitstellung von Kraftfahrzeugen, um Nahrung für die Bevölkerung von Ligonchio zu transportieren zu können. Der Adjutant versprach ihm die Transportgenehmigung unter der Bedingung, dass Gancia ihm ein vom Partisanenchef unterschriebenes Dokument überreichen würde, in dem stünde, dass die Partisanen den Verkehr von deutschen LKWs und PKWs auf der Straße Nr. 63 nie wieder stören würden. Gancia versprach mit den Partisanen auf Wunsch der Deutschen zu verhandeln, und konnte unbehelligt nach Ligonchio zurückzukehren.
Als die Verhandlungen zu Ende waren, lud Gancia den Unteroffizier Ernst Jundt, Assistent des Hauptmanns aus Busana, und den Gefreiten Josef Prahmstaler , Dolmetscher des Kommandos, zu einem Glas Wein in der nahe gelegenen Gastwirtschaft von Giacomini ein, in der er übernachten würde. Er wollte herausbekommen, ob sie bereit wären, mit den Partisanen zusammenzuarbeiten. Der Wirt Giacomini, ein alter Freund von Gancia, hatte sich sehr oft mit dem Unteroffizier und dem Dolmetscher unterhalten und meinte, dass sie keine Nazis waren. Sie waren überzeugte Gegner von Hitler und der Ansicht, dass die Deutschen den Krieg bereits verloren hatten, da die Amerikaner die englischen und russischen Alliierten massiv mit Kriegsmaterial unterstützten. Gegenüber Giacomini und anderen Zivilisten aus Busana hatten die zwei Männer offen über ihre Überzeugung gesprochen. Aus diesem Grund hatte Giacomini seinem Freund Gancia verraten, dass die beiden vertrauenswürdig wären.
Die beiden Deutschen nahmen die Einladung an und führten ein langes Gespräch mit Gancia. Dabei befragten sie ihn ausführlich über die Lebensbedingungen und andere Angelegenheiten der Partisanen. Sie waren zufrieden über das, was sie von Gancia hörten. Er versprach ihnen, immer freie Kost und Logis in Ligonchio für sie bereitzustellen. Ihnen wurde ein herzlicher Empfang bei den Partisanen versichert, wenn sie sich entscheiden würden, ihre Garnison zu verlassen. Schließlich trennten sich alle hoffnungsvoll.
Als Gancia am folgenden Morgen nach Ligonchio zurückkam, hatte er einen Brief und Zigaretten bei sich, die Ernst Jundt seinem Freund Artur Reich (Mietec) in Ligonchio schickte. Kurz darauf übergab ein Mitglied des Informationsdienstes dem Unteroffizier den Antwortbrief. Damit begannen die Beziehungen zwischen dem Assistenten des Kommandos von Busana und dem Informationsdienst von Gancia.
Schon kurz danach wurden die Beziehungen aufgrund der Durchkämmungsaktion vom Januar 1945 unterbrochen. Die Vorbereitungen für diese Durchkämmung waren vom deutschen Hauptkommando in Italien so geheim gehalten worden, dass keiner der Soldaten und Offiziere der Garnison an der 63. Straße, nicht einmal der Gefreite, von der Sache erfahren hatten, bis die Einsatztruppen am Abend des 7. Januar nach Busana kamen. Es war bereits Nacht, als der Unteroffizier und der Dolmetscher gleichzeitig davon hörten, dass es bei Sonnenaufgang des nächsten Tages losgehen würde. Wie konnte man die Freunde aus Ligonchio trotz des vielen Schnees und eines fehlenden Vertrauensmitglieds des Informationsdienstes benachrichtigen? Die zwei Assistenten fanden schließlich eine Lösung: Sie schickten Lucia, die Tochter des Gemeindedieners Sacchini aus Busana, nach Cinquecerri, um den Partisanen die Nachricht über die anstehende Durchkämmungsaktion zu übermitteln. Da die telefonische Leitung zwischen Ligonchio und Cinquecerri gestört war, musste die junge Frau nachts durch tiefen Schnee bis nach Caprile gehen, wo sie es endlich ihre Nachricht übermitteln konnte. Bereits in der darauf folgenden Nacht verließen die Partisanen Ligonchio und gingen ins Tal des Flusses Secchia. Die Deutschen, die nach großer Anstrengung in Ligonchio ankamen, fanden keinen einzigen Widerstandskämpfer mehr. Die ganzen Anstrengungen waren für sie nutzlos gewesen.

Nach Abschluss der Durchkämmung kamen die Partisanen wieder nach Ligonchio und die Beziehungen wurden langsam wieder geknüpft. Gancia wollte wieder nach Busana gehen, um endlich die Genehmigung für den Transport von Lebensmitteln für die Gemeinde Ligonchio zu erhalten, obwohl er das vom deutschen Kommando aus Busana erforderliche Dokument des Comando Unico Partigiano nicht übergeben konnte. Ernst Jundt riet ihm aber davon ab, denn er hatte von einem Spion erfahren, dass Gancia der Zusammenarbeit mit den Partisanen verdächtigt wird. So ging Gancia doch nicht zu den Deutschen nach Busana, wo es für ihn bestimmt nicht gut ausgegangen wäre.
Ständig wurden Briefe zwischen dem Informationsdienst und dem Unteroffizier aus Busana ausgetauscht. Inzwischen schmiedete man neue Pläne. Der Ernst Jundt wollte auch Artur Reich (Mietec) und Gancia wiedersehen. So bat er seinen Freund, heimlich ein Treffen auf der anderen Seite des Secchia zu organisieren. Es wurde alles für eine Nacht von Samstag auf Sonntag Ende Januar 1945 vorbereitet.
Der Unteroffizier hatte keinen Dienst. Seinen Kameraden erzählte er, dass er nach Marmoreto fahren wolle, um seine Verlobte zu besuchen. Gegen 9 Uhr jenes heiteren und ruhigen Abends kam ein Mitarbeiter vom Informationsdienst namens Coli Dario (Zio) aus Marmoreto, um den Unteroffizier in der Gastwirtschaft von Giacomini zu empfangen und ihn zum Treffen zu begleiten. Es war das erste Mal, dass er die Straßen unterhalb Marmoretos betrat, ein Bereich, der den Deutschen verhasst war, da er sich unter der Kontrolle der Partisanen befand. Gleich unterhalb von Marmoreto begegneten sie kleinen Trupps Jugendlicher aus dem Dorf, die Wache standen, um Partisanen und Unterstützer zu benachrichtigen, falls eine deutsche Patrouille sich nähern würde . Als sie zum Secchia kamen, warteten Gancia und Artur (Mietec), bereits auf der Brücke. Die Freunde umarmten sich herzlich und waren glücklich, sich nach langer Zeit wieder zu sehen. Zusammen gingen sie weiter nach Tufo, wo Gancia ein Abendessen hatte vorbereiten lassen. Der Unteroffizier war ein wenig beeindruckt, als er rechts und links von der Straße gut bewaffnete Partisanen sah. Sie hatten Maschinenpistolen und -gewehre auf den Schultern und Revolver und Handgranaten im Gurt. Er stellte fest, dass sie tatsächlich besser als die deutsche Garnison bewaffnet waren, die nur wenige Automatikwaffen und in der Regel nur italienische Gewehre hatten. Er beruhigte sich jedoch, als Artur ihm erklärte, er habe diese Vorsichtsmaßnahme nur aus Angst davor ergriffen, Ernst könne ein Doppelspiel spielen und ihn mit Gewalt nach Busana zurückzubringen wollen. Ernst hatte sich dagegen Gedanken darüber gemacht, Mietec würde ihn nicht mehr zu seiner Garnison zurückkehren lassen. Aber Mietec versicherte seinem Freund, niemals die Absicht gehabt zu haben, ihn gefangen zu nehmen.

Als der Unteroffizier in Tufo war, lernte er viele andere Partisanen kennen, wie z. B. Oddino, Kommandeur des I. Bataillons, und Pedrazzi Ugo, Kommandeur der Abteilung von Vergai, der den Kampfnamen Tarzan trug. Sie aßen gemeinsam zu Abend und beide Freunde hatten viel zu besprechen. Jundt erzählte von der Situation in der deutschen Garnison und teilte die Pläne und Absichten des Oberst aus Busana mit, während Gancia und Mietec ihn über die Organisation und Absichten der Partisanen unterrichteten. Sie hatten vor, ehrlich zusammen zu arbeiten, kontinuierlich Nachrichten zu tauschen und sich gegenseitig zu helfen, indem sie den anderen über die Aktionen und Absichten der eigenen Seite unterrichten wollten. Ernst Jundt erhielt also seinen Kampfnamen (Ceri) und auch die Liste der Kampfnamen aller seiner Mitarbeiter. Er versprach, jedem Menschen zu helfen, der ihm von Gancia oder Mietec zugeteilt werden würde, aber auch neue Deutsche zu gewinnen – Freunde von ihm oder Mietec -, die mit ihnen zusammenarbeiten würden. Zuversichtlich und spät in der Nacht verabschiedeten sie sich voneinander.
Ernst Jundt (Ceri), begleitet von Dario, kam gegen 3 Uhr früh nach Busana zurück und schaffte es, in die Kaserne zu gelangen, ohne dass jemand seine lange Abwesenheit bemerkt hätte.

Die neuen Beziehungen bewirkten, dass der Informationsdienst von Gancia über die Ereignisse der deutschen Garnisonen der 63. Straße besser als je zuvor informiert war. Außer Ceri und dem Dolmetscher Peppino, der den Kampfnamen Luco erhalten hatte, arbeitete noch ein Freund von Artur (Mietec) und Ernst (Ceri) mit: Walter Schneider (Zaro). Er war in Castelnuovo nei Monti stationiert und für den Telefondienst zwischen den deutschen Garnisonen zuständig. Er konnte viele Nachrichten liefern, da er alle Telefongespräche zwischen dem Oberst in Busana und dem deutschen Hauptkommando in Albinea mithören konnte. Aber er musste Castelnuovo bald verlassen und zu den Partisanen fliehen, da er von einem Spion aus dem Dorf als Mitarbeiter der Partisanen denunziert wurde. Bei seiner Flucht nahm er seinen Arbeitskollegen – einen deutschen Soldaten – mit, der nichts von den Beziehungen zwischen Walter (Zaro) und den Partisanen wusste. Walter nahm ihn mit nach Bagnolo, nicht weit von Castelnuovo entfernt, und behauptete, sie würden viele Eier kaufen können. Dort wurden sie von Partisanen erwartet, die von Walter selbst benachrichtigt worden waren. Der Gefährte von Walter erschrak sehr, als die zwei Partisanen hereinkamen und um ihre Waffen baten. Selbst dann erklärte ihm Walter nichts und er fürchtete sich weiter, ohne die Gelassenheit des anderen zu verstehen. In der Nacht und am folgenden Tag wurden die beiden nach Ligonchio geführt. Walters Begleiter wunderte sich immer mehr, als er erlebte, wie sie in jedem Dorf Brot, Milch und Zigaretten bekamen, obwohl sie doch in den Händen der „grausamen Partisanen“ waren! Als sie endlich in Ligonchio ankamen, fing er an zu verstehen, da er sah, wie Walter von Artur und den anderen Partisanen herzlich begrüßt wurde. Während sich Walter dem Geheimdienst von Gancia anschloss, überquerte der Andere, der nicht vertrauenswürdig war, die Front, um das Kriegsende in einem Internierungslager der Alliierten zu erwarten.

In dieser Zeit arbeiteten in Busana neben Giacomini noch zwei junge Frauen mit den Partisanen zusammen: Lucia Sacchini (Meri), welche die Strecke nach Caprile bei hohem Schnee gelaufen war um die Partisanen vor der Durchkämmungsaktion zu warnen, und Cecilia Cadoppi (Eroina), die Sekretärin beim deutschen Kommando war und mit Ceri zusammenarbeitete. Die beiden jungen Frauen hatten im Geheimdienst die Aufgabe, die dringende und wichtige Nachrichten zum Secchia zu bringen, um sie dem Staffettendienst der Partisanen zu übergeben. Eroina erhielt auch die Briefe aus Ligonchio, um sie heimlich zu Ceri zu bringen. Sie war es auch, welche die Briefe beantwortete, da Ceris Handschrift den Soldaten viel zu bekannt war. Natürlich wurden alle Briefe verschlüsselt. Die Boten machten den Anschein, nur deshalb nach Busana gekommen waren, um eine Reiseerlaubnis nach Castelnuovo oder Reggio zu beantragen.
Eines Abends, Ende Februar, kam die Staffette Raffaelli Cleide (Raffaella), die die Briefe der Partisanen aus Ligonchio zu den Partisanen von Ramiseto zu bringen hatte, durch Busana. Sie erkundigte sich, ob ein deutscher Lastwagen bereit stünde, der sie bis nach Cervarezza bringen könnte, so dass sie nicht so weit laufen müsste. Auf der Straße in der Nähe des Lastwagens stand ein deutscher Gefreiter, der den Eindruck hatte, Raffaella zu kennen. Er glaubte sie in Castelnuovo öfters zusammen mit vielen jungen Männern gesehen zu haben. Er erzählte dem Oberleutnant, der Lastwagenführer war, von seinem Verdacht, die junge Frau wäre eine Spionin der Partisanen und eine Verschwörerin. So gab der Oberleutnant den Befehl, sie zu verhaften und einzusperren. Es war Ernst (Ceri), der die Verhaftung vollbringen und den Schlüssel des Gefängnisses aufbewahren musste. Anschließend, bevor der Oberleutnant wieder ging, befahl er dem Unteroffizier sehr gut aufzupassen. Ernst öffnete das Gefängnis, wo Cleide vor Kälte und Angst zitterte und brachte sie in sein Büro um über ihre Verteidigung zu beraten. Sie behauptete, sie wollte die Essensgutscheine einem Onkel von ihr aus Cervarezza bringen, so dass er das Essen mit seinem Wagen selber holen konnte, wenn er nach Reggio fahren würde. Um diese Behauptungen zu untermauern, bat sie ihn, ihre Verwandten aus Busana und nicht zuletzt den Übersetzer Peppino (Luco) aufzusuchen, der ihr empfohlen hatte, mit einem deutschen Lastwagen nach Cervarezza zu fahren. Ernst (Ceri) sprach also mit den Verwandten und mit Luco, so dass dieser gleich bereit war, für Cleide am folgenden Morgen vor dem Oberst auszusagen. Gleich nach den ersten Worten fing der Oberst an zu schreien und fragte Ernst Jundt, ob er von dem Begriff Staffette je gehört hätte. Er antwortete voller Überraschung: „Nein, Herr Oberst, nie!“. Der Oberst ärgerte sich immer mehr und sagte ihm, er wäre der dümmste Unteroffizier, der je in einem deutschen Kommando gewesen sei. Ernst antwortete darauf: „Es tut mir leid, Herr Oberst, aber niemand hat mich je über diese Sachen unterrichtet!“. Der Oberst sagte zornig, dass er die richtigen Antworten gäbe, um Raffaella gegenüber eine gute Figur zu machen. Dank der Geschichte mit den Gutscheinen und der Aussage von Peppino (Luco) gelang die Rettungsaktion von Cleide so gut, dass sie der Oberst gleich freiließ, obwohl er davon überzeugt war, sie hätte versucht, die Partisanen über die Abfahrzeit der Lastwagen zu unterrichten.
Nachdem der Oberst gegangen war, bedankte sich Cleide bei Ernst (Ceri) und brach mit einer Rückkehrerlaubnis nach Vaglie auf.
Bereits nach dem ersten Treffen sammelten sich die Mitarbeiter in Tufo wieder und beschlossen, zusammen einen großen und mutigen Plan zu schmieden. Sie hatten nichts geringeres vor als die ganze Garnison von Busana – die größte Garnison des Bataillons – anzugreifen und zu besetzen. Sie beschlossen, dass Ceri die Losung bekannt geben und der Streife von Gancia alles mitteilen sollte, was notwendig wäre, um den Angriff gut vorbereiten zu können. Mietec und Zaro – zusammen mit den anderen drei Partisanen in deutscher Uniform – hatten die Aufgabe, die drei Wachposten in Busana und Colonia zu überraschen. Noch zuvor sollten die 145. Brigade und ein Teil der Missione Alleata und der Fiamme Verdi die Ortschaften Busana und Colonia di Busana heimlich einschließen und das Zeichen von Mietec abwarten, dass alles gut gelaufen ist, um dann in die Garnisonskasernen einzudringen und alle im Schlaf zu überraschen. So würden sie die größte Garnison der 63. Straße mit ihrem gesamten Stab, mit all der Ausrüstung und Verpflegung einnehmen. Vor dem Angriff würden sie dafür sorgen, dass die Telefonleitungen gekappt und die Straßen nach Nismozza und Cervarezza mit Minen verlegt würden.
Sie schmiedeten diesen Plan und trafen sich öfters in Tufo und beim Secchia. Ceri wurde dann von seinem Obersten nach Sarzana geschickt, um einen Kurs über den Kampf gegen Panzer zu absolvieren. Alle – und auch Ceri selbst- dachten der Oberst wäre über den Verrat von Ceri informiert worden und er wolle ihn bestrafen. Doch zum Glück war der Oberst nur wütend auf Ceri, weil er Briefe der Mütter und Frauen der Opfer der Durchkämmungsaktion und der Deportierten mit der Militärpost übermittelt hatte. Zusätzlich hatte er auf gleichem Weg auch die auf seinen Namen adressierten Antworten empfangen, was absolut verboten war. Ceri hatte es getan, um den Frauen zu helfen, die keine Nachrichten von ihren Angehörigen bekommen konnten, da die Zivilpost zwischen Deutschland und Italien außer Betrieb war. Der deutsche Oberst hatte jedoch kein Verständnis für die unglücklichen italienischen Frauen. Nach 14 Tagen kam Ceri aus Sarzana zurück und nahm sofort Kontakt zu den Mitarbeitern des Informationsdienstes auf, die sich um das Schicksal ihres Kameraden sehr gesorgt hatten. Ceri war entschlossen, nicht länger als eine Woche in Busana zu bleiben und bat darum, ohne weitere Verzögerung zum bereits beschlossenen Angriff überzugehen, da er fürchtete, dass er in kurzer Zeit zur Front oder woandershin versetzen werden würde. So beschlossen sie, den Plan in der Nacht vom 25. auf den 26. März zu verwirklichen.

In der Woche vor dem Angriff wurden viele Nachrichten zwischen Busana und Ligonchio ausgetauscht. Ceri alleine hätte niemals alles vorbereiten können, da er nicht mit seiner Handschrift schreiben konnte und ihm oft die richtigen Worte auf Italienisch fehlten. Außerdem verstand er nicht immer alles, was ihm aus Ligonchio geschrieben wurde. Aus diesem Grund war er sehr glücklich darüber, in jenen Tagen in der Partisanin Aris einen fest entschlossenen Menschen gefunden zu haben. Sie war jederzeit bereit war, gegen die Deutschen zu arbeiten und gab Ceri gute Tipps für den Angriff, sie half ihm bei den meisten der notwendigen Vorbereitungen, kümmerte sich um die ganze Korrespondenz und benachrichtigte ihn, dass in Busana Gerüchte kursieren, Ceri würde mit den Partisanen zusammenarbeiten. Viele Nazisoldaten waren mit Frauen aus diesem Dorf befreundet. Aris und Ceri bearbeiteten die Briefe bis nach Mitternacht. In den letzten Tagen gingen Briefe zwischen Gancia und Ceri mehr als fünf Mal am Tag hin und her. Am Sonntag abend, dem 25. März, war alles vorbereitet und die Losung ausgegeben. Man musste nur noch auf einen großen Erfolg hoffen.
Doch das Schicksal hatte das Gegenteil vorgesehen. Nachdem der erste Wachposten ohne Schwierigkeiten festgenommen worden war, entfloh plötzlich einer der Gefangenen und fing an zu schreien: „Rebellen! Rebellen! Schießt, es gibt Banditen im Dorf!“. Der zweite Wachtposten hob also das Gewehr und Zaro und Mietec sahen sich gezwungen, zurückzuschießen. Trotz des Schalldämpfers war es so laut, dass plötzlich die ganze Garnison von Busana alarmiert aus der Kaserne stürmte. Was war passiert? Trotz der genauen Befehle von Oberst Monti hatten die Partisanen, die sich um die Gefangenen kümmern sollten, Mietec in der Dunkelheit aus den Augen verloren und waren dadurch zurückgeblieben. Mietec hatte also die Gefangenen selbst mitgenommen, weil er zu wenig Männer hatte, um davon einen mit den Gefangenen gehen zu lassen. Er dachte, er könnte trotzdem seine Aufgabe erfüllen. Als sie aber in Busana ankamen, schaffte es einer der Gefangenen, zu entfliehen und alarmierte mit seinem Geschrei die deutsche Garnison. Was nutzte es, dass nun die Kameraden von Mietec den anderen Wachtposten erschossen und was nutzte es, dass auch Zaro und Mietec einen Soldaten des zweiten Wachposten erschossen hatten? Die ganze Garnison war bereits in Alarmzustand und den Partisanen blieb nichts anderes übrig, als sich zurückzuziehen und den Kampf aufzugeben.
Wegen eines Fehlers war also alles verloren gegangen! Ceri selbst musste fliehen, weil er von einem Gefangenen erkannt worden war. Kurz danach sammelten sich alle Partisanen bei der Mühle am Secchia und klagten über ihr Unglück. Müde und schlecht gelaunt erreichten sie bei Sonnenaufgang Ligonchio, wo sie zwei deutsche Soldaten trafen, die aufgrund der Überzeugungsarbeit Ceris in der gleichen Nacht weggelaufen waren. Diese zwei Menschen und der Schreck der deutschen Garnison war das Einzige, was von dieser mutigen und so gut vorbereiteten Unternehmung übrig blieb. Nach drei Tagen Aufenthalt in Ligonchio überquerten die zwei Deutschen die Front, um die Alliierten zu erreichen. Dolmetscher Peppino war in Busana geblieben, weil er zum Zeitpunkt des Angriffs und der Flucht Ceris geschlafen hatte. Er war sehr gefährdet, als Mitarbeiter des Informationsdienstes enttarnt zu werden, aber seine Schlauheit half ihm weiterhin das Vertrauen des Oberst zu behalten.

Obwohl der Plan nicht gut ausgegangen war, setzte der Informationsdienst von Gancia seine übliche Arbeit fort. Zum Informationsdienst gehörten nun: Gancia als Chef, Mietec als sein Vertreter, Ceri, Faro und Karl als interne Mitarbeiter. Der deutsche Soldat Karl, der lange in Cervarezza mitgearbeitet hatte, war am Tag des Angriffs geflohen. Als Externe arbeiteten in Busana: Dolmetscher Peppino (Luco), der dort so lange wie möglich bleiben sollte, damit man wenigstens einen Deutschen hatte, der Informationen liefern konnte. Des weiteren Aris, Eroina, Meri, Giacomini und nicht zuletzt Bucci Nino (Zarco), ein junger Kriegsversehrter, der am Tag nach der misslungenen Aktion Ceri in Ligonchio zu besuchte und sich nach einer Überprüfung von Gancia zu einer Zusammenarbeit bereit erklärt hatte. In Marmoreto standen immer Dario Coli (zio) und Kodin zur Verfügung. Die Arbeit wurde schwieriger und gefährlicher, weil alle Garnisonen der 63. Straße nach dem Angriff auf Busana aufmerksamer und misstrauischer geworden waren. Die Nazis der Garnison von Busana erzählten herum, dass sie Ceri vor dem Rathaus hängen werden, wenn sie ihn schnappen, und dass sie das Gleiche wahrscheinlich auch mit seinen Mitarbeitern tun würden.
Trotz der schwierigen Bedingungen wurden Nachrichten noch schneller als vorher ausgetauscht. Ceri hatte vor seinen alten Kameraden Briefe zu schicken, um sie zu einer Zusammenarbeit mit den Partisanen zu bewegen. Oder sie wenigstens dazu zu bringen, an dem Wahrheitsgehalt der Nachrichten zu zweifeln, die sie von den Offizieren hörten, in den deutschen Zeitungen lasen oder im Radio hörten. Luco und Zarco übermittelten die Briefe an die Adressaten. Es war eine gefährliche Arbeit, weil jeder, der einen Brief bei sich hatte, für einen Mitarbeiter der Partisanen gehalten worden wäre, wenn die Deutschen ihn verhaftet hätten.
Um aus Busana zu berichten und um die wichtigsten, anstehenden Arbeiten mit Gancia und Ceri zu besprechen, kamen unter anderem Aris, Eroina und Zarco trotz der großen Gefahr nach Ligonchio. Sie berichteten, dass in ganz Busana und Colonia Minen verlegt würden, so dass die Schwierigkeiten für einen weiteren Angriffes gestiegen seien. Ceri und Gancia fanden trotzdem einen Weg, der Erfolg versprach. Der Unteroffizier, der die Minen in Busana verlegt hatte, war ein guter Freund von Ceri. Daher hatte Ceri vor, ihn als Mitarbeiter zu gewinnen – eine schwierige Aufgabe, da er ein patriotischer Deutscher war. Ausgerechnet dieser Plan musste das Meisterwerk von Aris werden, die jenen Unteroffizier bereits von früher kannte, da er zusammen mit Ceri oft bei ihr zu Hause gewesen war. Um diesen Plan zu besprechen, kam Aris nach Ligonchio und ging wieder mit der Absicht, sich dieser schwierigen und gefährlichen Tat zu widmen.
Währenddessen bereitete sich der Geheimdienst auf Angriffe gegen verschiedene Garnisonen in anderen Teilen der 63. Straße vor. Aus allen Dörfern des Gebiets kamen täglich Nachrichten und ein Mal pro Woche kamen auch die Agenten jener Dörfer, um mit Gancia neue Unternehmungen gegen die Garnisonen zu besprechen. Der Geheimdienst von Gancia lieferte während der ganzen Zeit Nachrichten und Berichte zu allen Gruppen der Partisanenorganisation. Die Aktionen gegen die Garnison von Acquabuona war erfolgreich: Zusammen mit einigen Leuten aus dem Dorf griff eine Abteilung der 145. Brigade die Garnison mit dem Ziel an, den Hauptmann festzunehmen. Er wurrde nicht nur von seinen eigenen Soldaten gehasst, sondern viel mehr noch von den Dorfbewohnern. Ihnen hatte er unter anderem die letzte Milch für die Garnison beschlagnahmt, welche für die Ernährung ihrer Kinder bestimmt war. Seine Gefangennahme glückte nicht. Aber die Straße war wie üblich auf beiden Seiten vermint. Als er nachts auf der Straße seine Wachposten kontrollierte, die aufgrund von Partisanengeräuschen Alarm geschlagen hatten, trat er und einer seiner Soldaten auf eine Mine. Beide starben, und die Bevölkerung wie auch ein große Teil der deutschen Soldaten überlebten.
Zu diesem Moment wurden alle wieteren Vorbereitungen durch die Nachricht einer erneut bevorstehenden Durchkämmungsaktion gestört. Die Planung dieser Aktion wurde vom deutschen Hauptkommando sehr geheim gehalten. Niemand des Informationsdienstes in den Dörfern der 63. Straße wusste, ob es nur Truppen auf den Weg zur Front waren, oder ob wirklich eine Durchkämmungsaktion ansteht. Die Einzige, die genauere Informationen geben konnte, war Aris. Sie befragte jenen Freund von Ceri – den Unteroffizier, der die Minen verlegt und dem sie kurz zuvor einen Brief von Ceri übergeben hatte – über alles Wesentliche. Nach langem Zögern las er den Brief von Ceri und erzählte Aris, dass eine Durchkämmungsaktion in großem Stil in Vorbereitung war. Man hatte vor, Ligonchio von allen Seiten anzugreifen, so dass sich dieses Mal niemand würde retten können. Aris gab diese Informationen sofort an Ceri weiter, so dass der Informationsdienst von Gancia als Erster genaue Angaben zu den Plänen der deutschen Truppen machen konnte, die Ligonchio näherten. Sie waren in Castelnuovo nei Monti losgefahren, überquerten den Secchia unterhalb von Talada und begannen mit den ersten Angriffen gegen die Partisanen aus Carù, die ihre Positionen verteidigten. Zwischenzeitlich gab auch Luco die Nachricht über die Absicht der deutschen Truppen weiter und fügte hinzu, dass der Oberst aus Busana die Offiziere der Einheiten gebeten hatte, besonderen Wert auf die Suche nach den Überläufern seines eigenen Bataillons zu legen, vor allem auf die Suche nach Ernst Jundt (Ceri), Artur Reich (Mietec) und Walter Schneider (Zaro).

Da nun alle Dörfer und Straßen um die 63. Straße herum besetzt waren, wurde die Informationsarbeit von Gancia eingestellt. Auch die Mitglieder des Informationsdienstes nahmen ihre Maschinenpistolen und -gewehre in die Hand, um die Bezirke in der Gegend von Ligonchio zu verteidigen. Man kämpfte heftig, mit viel Opferbereitschaft und Mut, aber es waren zu viele deutsche Soldaten, unterstützt durch schwere Artillerie . Die Deutschen erreichten Carrù, Cerré, Sologno. Nach einem Tag mussten sogar die Partisanen von Primavore und Montecagno ihre Stellungen verlassen. Als die Deutschen diese Orte besetzten, beschossen sie Ligonchio mit Artillerie, wobei einige verletzt wurden. Auch die Bewohner dieses Dorfes waren gerade dabei, ihre Ortschaft zu verlassen, um sich in Hütten in den Bergen zurückzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt hielten die Deutschen inne und zogen nach zwei Tagen wieder ab. Während dieser zwei Tage bewiesen sie aufs Neue ihre Grausamkeit und steckten die Häuser der Dorfbewohner vor deren Augen in Brand.
Was war der Grund dieses plötzlichen Abzugs? Die Alliierten hatten mit ihrer Frühjahrsoffensive begonnen und Massa, Carrara und Sarzana bereits erreicht und bedrohten Bologna. So benötigte das deutsche Hauptkommando Truppen, die eigentlich als Reserve dienten, um sie an die Front zu schicken. Aus diesem Grund war die Durchkämmungsaktion plötzlich zu Ende.
Im befreiten Ligonchio war die Freude groß. Der Abzug der Deutschen wurde gefeiert und man hörte im Radio ständig Nachrichten über den Rückzug der Deutschen an allen Teilen der Front und über den Vormarsch der Alliierten. Der Informationsdienst von Gancia nahm seine Arbeit sofort wieder auf. Ceri schrieb viele Briefe, um den deutschen Soldaten die aussichtlose Situation an der Front und in Deutschland zu schildern, da es ihnen verboten war, Nachrichten aus feindlichen Quellen zu hören. Diese Briefe wurden sofort durch Kodin, Zarco und Luco und sogar über die deutsche Post selbst verteilt. Die Früchte dieser Arbeit zeigten sich kurz darauf: In Briefen erklärten sich Soldaten aus Busana bereit, mit den Partisanen zusammenzuarbeiten oder fragten nach einer Vertrauensperson, die ihnen bei der Vorbereitung ihrer Flucht helfen würde.
Zu dieser Zeit arbeitete ein Teil der Leute von Gancia eine Woche lang zusammen mit anderen Kameraden aus dem 18. Bataillon in Castelnuovo nei Monti. Man hatte die deutsche Telefonverbindung zwischen diesem Dorf und Croce unterbrochen, und will die Soldaten angreifen und festnehmen, die aus dem Dorf herauskommen würden, um die Leitung zu reparieren. Man wollte mit den gewonnenen Geräten auf der gleichen Leitung die Nachrichten zwischen dem Hauptkommando von Albinea und dem Oberst aus Busana abhören. Die Deutschen waren zu dieser Zeit aber schon so entmutigt, dass sie aus ihren Häuser nicht einmal herauskamen um die Telefonleitung zu reparieren. Sie blieben in den Dörfern und ließen sich auf den Straßen außerhalb der Dörfer, die nun fast ausschließlich in Hand der Partisanen waren, nicht mehr blicken.
Inzwischen hatte Ceri neue Nachrichten von Aris erhalten. Gleich nach der Durchkämmungsaktion hatte sie ihre Aufgabe in Zusammenhang mit jenem Unteroffizier und Freund von Ceri wieder aufgenommen, der die Minen in Busana verlegt hatte. Da er den ersten Brief von Ceri gelesen hatte und Hinweis auf die Durchkämmungsaktion gegeben hatte, las er nun die weiteren Briefe und antwortete auch darauf. Er versprach, mit den Partisanen so gut wie möglich zusammenzuarbeiten und vor allem einen Weg durch den Minengürtel zu bahnen, der die Garnison Busana umgab. Man fing wieder an Pläne zu schmieden, die Garnison noch einmal anzugreifen. Um das Notwendigste dazu zu besprechen wollte sich Ceri heimlich mit seinem Freund und Aris in der Nähe von Busana treffen. Während er mit Aris Zeit- und Treffpunkt vereinbarte, kamen ständig deutsche Soldaten nach Ligonchio. Sie waren aus ihren Garnisonen geflohen, nachdem sie eingesehen hatten, dass Hitler bereits verloren hatte. Nach einem kurzen Aufenthalt und Verhör in Ligonchio und Febbio überschritten alle die Front und wurden in die Internierungslager der Alliierten geführt.
Wegen einer Aktion in Acquabona und des Treffens zwischen Ceri und seinem Freund Emmo und schließlich auch um den Nachrichtenfluss zu erleichtern, war die Mannschaft von Gancia am Sonntag, den 22. April 1945, bis zur Mühle des Secchia gegangen. Während sie dort in einer Scheune schlief, erreichte sie gegen 3 Uhr morgens die Nachricht, dass die Deutschen auf dem Weg nach Busana waren. Die Dorfbewohner riefen die Partisanen, damit die Garnisonstruppen bei der Abfahrt angegriffen werden können. Wenn alle Partisanen in der Nähe gewesen wären, hätten sie den Zug der verschiedenen Garnisonentruppen ohne Schwierigkeiten anhalten und zur Kapitulation zwingen können. Doch die Partisaneneinheiten waren alle in Collagna beschäftigt und in Busana war niemand, bis auf die kleine Gruppe von Gancia mit fünf Männern. Trotzdem gingen sie, bewaffnet mit Maschinenpistolen und -gewehren, die Straße nach Busana hoch bis unterhalb der Nationalstraße. Beim diesigen Sonnenaufgang hörte man die Garnisonstruppen aus Busana mehr als man sie sehen konnte. Sie fuhren mit Kraftfahrzeugen und Pferdewagen durch. Dann begannen sie heftig auf die Deutschen zu schießen, die mit einem Maschinengewehr antworteten. Bald hörte man weder das Maschinengewehr noch die Pferdewagen auf der Straße. Die Mannschaft ging also die Straße weiter und erreichte schließlich die Nationalstraße Nr. 63, die leer und verlassen war. Die Deutschen waren bereits abgezogen, jede Einheit, auch wenn sie stark genug gewesen wäre um diese zu stoppen, war zu spät gekommen. Aber mindestens zwei deutsche Autos, in denen sich der Arztmarschall und einige Soldaten des Garnisonsanitätsdienstes befanden, wurden bei der Schießerei getroffen. Inzwischen kamen die Leute vom Informationsdienst als Erste nach Busana. Es war der Beginn der Befreiung, die von allen Dorfbewohnern und vor allem von Aris, Giacomini, Dario und Zarco mit großer Freude begrüßt wurde. Zusammen gingen sie hoch bis nach Colonia, trafen dort Eroina, Meri und Kodin, und betrachteten das allgemeine Durcheinander und die von den Deutschen zurückgelassenen Ausrüstungsreste. Kurze Zeit später eilte auch Dolmetscher Peppino (Luco) herbei, der bereits in der Nacht die Garnison verlassen und sich bis zur Ankunft der Partisanen in Marmoreto versteckt hatte.

Bis zum Mittag trafen auch die restlichen Partisanen aus Ligonchio und man konnte den Deutschen nach Castelnuovo folgen. Dort hielt der Oberst aus Busana am Morgen des 23. April seine letzte Rede für die deutschen Truppen. Danach erfuhr er von der Flucht seines Dolmetschers Peppino. Der müsste am höchsten Träger gehängt werden, schrie er laut. Seine Wut war vergeblich: In der Nacht vom 23. auf den 24. April griffen Partisanen das ganze Bataillon der Garnison der 63. Nationalstraße zwischen Felina und Casina an und die Deutschen verstreuten sich in allen Richtungen. Widerstand war zwecklos, der Oberst floh mit seinem schnellen Wagen nach Reggio, um sich den Engländern zu ergeben. Vorher hatte er seinen Soldaten noch den Befehl erteilt hatte, sich den Partisanen bis zum Letzten entgegen zu stellen. Aber seine Soldaten ergaben sich alle im Laufe des 24. April müde und erschöpft den Partisanen. Die ganze 63. Straße von Fivizzano bis nach Reggio war nun befreit und die Dorfbewohner konnten wieder atmen.
Emmo (Ernst Steinle), der Freund von Ceri, hatte es geschafft, seinen Offizieren in Felina zu entkommen. Er hatte sich eine Erlaubnis vom Partisanenhauptmann aus Casina geben lassen, damit er Ceri in Busana erreichen kann. Zusammen mit Aris war Ceri aber bereits auf der Suche nach ihn in Castelnuovo angekommen, und so konnten sich beide Freunde nach einer langen und elenden Zeit wieder in die Arme fallen. Die Gruppe von Gancia bedankte sich bei Emmo, Luco und den anderen für ihre treue Arbeit und bald erhielten auch sie einen Partisanenausweis.
Der geheime Informationsdienst von Gancia hatte seine Arbeit beendet. Das Ziel, die Befreiung Italiens, war erreicht. Deutsche Nazis und italienische Faschisten waren zurückgeschlagen und die Straßen waren für alle. Die Mitglieder der Gruppe kehrten langsam wieder ins Zivilleben wieder zurück. Andere wichtige Aufgaben warteten auf sie: die Familie, die Arbeit und der friedliche Wiederaufbau des Landes. Diejenigen, die mitgearbeitet haben, werden sich immer froh und stolz an diese Zeit in Ligonchio erinnern, in der alle vereint arbeiteten, um das hohe Ziel zu erreichen: Den Frieden und die Freiheit in der Welt!

Aufgeschrieben von Ernst Jundt in Ligonchio am 07. April 1946 (Auszug aus „Ricerche Storiche“ – Veröffentlichung über die Geschichte des Widerstandes in der Region Reggio Emilia – Jahr IX – Nr. 25 – Juli 1975)

Übersetzung aus dem Italienischen: Claudia Giordano

Mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung